Die Aristokraten bestanden aus den Trägern von Titeln. Alle anderen (auch deren Söhne und Enkel mit Ehrentiteln) galten als Bürger bzw. gehörten in die gentry und wurden erst dann Teil der Aristokratie, wenn sie durch Erbe einen Titel erhielten.
Zusätzlich wurde auch innerhalb der Aristokratie Englands noch einmal unterschieden – nämlich in peer und nicht peer.
Zum peer gehörten (vom Rang her in dieser Reihenfolge absteigend) die Dukes, Marquesses, Earls, Viscounts und Barons. Zur Aristokratie aber nicht zum peer gehörten die Baronets und Knights, die man auch sehr einfach daran erkennen kann, dass sie mit Sir angesprochen wurden. Hintergrund dieser Aufteilung war, dass nur der peer, der Erzbischof von Canterbury sowie die Bischöfe der Church of England einen Sitz im House of Lords besaßen.
Bis 1780 war die Zusammensetzung der Aristokratie mehr oder weniger gleichbleibend. Gelegentlich starb eine Familie aus, manchmal kam eine dazu. Im Großen und Ganzen gab es aber kaum Bewegung.
Zwischen 1780 und 1832 aber vergaben George III. und George IV. insgesamt 166 neue Titel, die den peer erweiterten. 1820 waren es dadurch insgesamt dreihundert – davon 18 Dukes, 17 Marquesses, 100 Earls und 22 Viscounts, 134 Barons und 9 Frauen, die eigenständige Titel vom Range eines peers trugen.
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Peer
Der Duke
Der Duke war der höchste Rang. Er enthielt IMMER ein ‚of‘ gefolgt von einem Platz oder einem Ort, der zum Sitz gehörte oder historisch relevant war für den Titel. Bezeichnet wurde der Duke als „His Grace“ bzw. seine Frau als „Her Grace“ oder noch formaler „Most Noble“.
Der Marquess/der Marquis
Seit dem 14. Jahrhundert existiert der unter dem Duke stehende Marquess/Marquis. Marquess ist der englische Titel. Marquis der schottische. Seine Frau ist, wenn ihr Mann einen englischen Titel trägt, eine Marchioness. Ist der Titel schottisch, nennt man sie Marquise.
Auch zu diesem Titel gehörte ein Ort und ein ‚of‘ – allerdings nicht in der wörtlichen Rede. Dort wurde das ‚of‘ einfach gestrichen und die Örtlichkeit wie ein Name herangezogen.
Der Earl und der Viscount
Der Earl ist der älteste aller Titel im peer. Auch ihm folgt im Allgemeinen ein Ort oder ein Landstrich mit einem ‚of‘. Allerdings musste das nicht so sein. Premier John Russel bsp. war Earl Russel.
Der Viscount als Titel existiert seit 1440. Ihm folgt nur der Name des Trägers – nie eine Örtlichkeit, weshalb ein Viscount auch niemals ein ‚of‘ besitzt.
Baron
Diesen Titel gibt es bereits seit der Zeit der Normannen. In ihm ist gelegentlich ein ‚of‘ mit einer Örtlichkeit enthalten, muss aber nicht. In diesem Fall folgt der einfache Name. Ein Baron wird niemals mit seinem Titel als Baron angesprochen oder adressiert, sondern ausschließlich mit Lord.
Während dieser Titel in England der niedrigste innerhalb des Peers ist, umfasst er in Schottland nicht zwangsläufig das Recht auf eine Stimme im House of Lords. Das Äquivalent heißt deshalb in Schottland „Lord of Parliament“.
Wichtig auch für die Tabelle unten: Der Titel konnte in Schottland an Frauen vererbt werden.
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Echte Titel und Anreden
Monarch und königliche Familie, sofern sie nicht eigene Titel besitzen
Person | In direkter Konversation | Adressierung auf dem Briefumschlag | Anrede im Schriftverkehr | Anmerkung |
König oder der Königin | Your Majesty, dann Sir/Sire oder Ma‘am | His Majesty The KingHer Majesty The Queen | Your Majesty | |
Zum Gatten, den Geschwistern, Kindern und deren Gatten, Enkeln und deren Gatten des Monarchen | Your Royal Highness, dann Sir/Sire oder Ma’am | His/Her Royal Highness the (was dem folgt, ist abhängig vom Familienstand und führt hier zu weit) | Your Royal Highness | Eine Ausnahme ist die Enkelin des Monarchen. Sie wird nicht Ma’am genannt. |
Urenkel des Monarchen und deren Gatten | Lord/Lady + Vorname | (The) Lord/Lady + Vorname + Nachname | Dear Lord/Dear Lady + Vorname |
Peer
Hinweis: My Lord und My Lady wurde vor allem von Dienern verwendet für alle Personen, die so genannt werden durften und mussten. Das Equivalent dazu ist Your Grace für den Duke und die Duchess, das von allen genutzt wurde, die sich unter dem Rang der Gentry befanden.
Person |
In direkter Konversation |
Adressierung auf dem Briefumschlag |
Anrede im Schriftverkehr |
Duke/Duchess |
Duke/Duchess of (…)
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Her/His Grace The Duke of (…) |
My Lord Duke oder Dear Duke of (…) Bzw. Madam oder Dear Duchess of (…) |
Your Grace
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|||
Marquess/ Marquis bzw. Marchioness/ Marquise |
Lord/Lady (+ Ort) oder Your Lordship/ Ladyship oder My Lord/My Lady
|
The Most Honourable The Marquess/… of (…) |
My Lord Marquess oder Dear Lord (Ort) bzw. Madam oder Dear Lady (Ort) |
Earl/Countess |
Lord/Lady (+ Ort) oder Your Lordship/ Ladyship oder My Lord/My Lady
|
The Right Honourable The Earl(of + Ort/ Nachname) The Right Honourable Countess (of + Ort/Nachname) |
My Lord oder Dear Lord (Ort) bzw. Madam oder Dear Lady (Ort) |
Viscount/ Viscountess |
Lord/Lady (+ Ort) oder Your Lordship/ Ladyship oder My Lord/My Lady
|
The Right Honourable The Viscount/ Viscountess + (Nachname) |
My Lord oder Dear Lord (Name) bzw. Madam oder Dear Lady (Nachname) |
Baron bzw. Lord of Parliament |
Lord (+ Ort/Nachname) oder Your Lordship oder My Lord |
The Right Honourable The Lord (Ort/Name) |
My Lord oder Dear Lord (+Nachname/ Ort
|
Baroness (im eigenen Recht) |
My Lady oder Your Ladyship oder Lady (Ort/Nachname) oder Baroness (Ort/Nachname)
|
The Right Honourable The Lady (Ort/Nachname) |
Madam oder Dear Lady (Ort/Nachname) oder Dear Baroness (Ort/Nachname |
*Baroness (als Ehefrau) * Lady of Parliament (im eigenen Recht oder dem des Ehemannes) |
My Lady oder Your Ladyship oder Lady (Ort/Nachname) |
The Right Honourable The Lady (Ort/Nachname) |
Madam oder Dear Lady (Ort/Nachname) |
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Niederer Adel (obere Zweige der Gentry)
Baronets und Knights
Der Titel des Baronets wurde 1611 zum ersten Mal verliehen und ist vererbbar (in Schottland auch an Frauen). Er berechtigt, mit Sir angesprochen zu werden, gefolgt vom vollen Namen des Trägers. Das gilt auch für den Knight, allerdings ohne Vererbbarkeit des Titels. Knight konnten praktisch alle werden, die der Monarch für würdig erachtete – auch Händler und Künstler. Sowohl Baronets als auch Knights gehörten aber auch der Aristokratie an, wenn auch nicht dem peer.
Person |
In direkter Konversation |
Adressierung auf dem Briefumschlag |
Anrede im Schriftverkehr |
Baronet | Sir oder Sir + Vorname | Sir + Vorname + Nachname, Bt (oder Bart) | Sir oder Dear Sir + Vorname (+ Nachname) |
Baronetess (im eigenen Recht) | Madam oder Dame + Vorname | Dame + Vorname +Nachname, Btss | Madam oder Dear Dame + Vorname (+Nachname) |
Baronetess (als Ehefrau) | My Lady oder Lady + Nachname | Lady + Nachname | Madam oder Dear Lady + Nachname |
Knight | Sir oder Sir + Vorname | Sir + Vorname + Nachname | Sir oder Dear Sir + Vorname (+ Nachname) |
Knights Frau | My Lady oder Lady + Nachname | Lady + Nachname | Madam oder Dear Lady + Nachname |
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Die Kinder der Aristokraten (Gentry)
Erstgebohrene Söhne, Enkel und Urenkel und deren Frauen
Die Titel mit Ausnahme dem des Knights waren vererbbar – jedoch nur innerhalb der männlichen Linie und hierbei – sofern vorhanden – auf den ältesten Sohn. Nur wenn es diesen nicht gab, ging der Titel auf andere Mitglieder der Familie über.
Weil der Sohn mit dem Tod seines Vaters dessen Titel erbte, wurde ihm bereits zuvor die besondere Ehre zuteil einen Titel zu tragen – nämlich einen Ehrentitel.
Dies galt für die jeweils ersten Söhne von Dukes, Marquesses und Earls (nicht für Viscounts oder Barons).
Dieser Ehrentitel war immer der nächstniedrigere Titel (sofern vorhanden), den sein Vater besaß, da dieser meistens über aufeinander aufbauende Titel verfügte. Dasselbe galt für dessen Erstgeborenen und wiederum dessen (also Enkel und Urenkel des Titelträgers) mit dem jeweils nächst niedrigerem Titel, sofern vorhanden.
Wichtig zu wissen ist auch, dass Träger von Ehrentitel keinen Sitz im House of Lords besaßen.
Ehefrauen dieser Ehrentitel-Träger wurden genauso behandelt wie die Ehrentitelträger selbst – erhielten also auch den entsprechenden Ehrentitel.
Person |
In direkter Konversation |
Adressierung auf dem Briefumschlag |
Anrede im Schriftverkehr |
Courtesy Marquess (Sohn des Dukes) + Ehefrau | My Lord oder Lord (Ort)Bzw.My Lady oder Lady (Ort) | The Marquess of (Ort)/the Marchioness of (Ort) | My Lord Marquess oder Dear Lord (Ort)bzw. Madamoder Dear Lady (Ort) |
Courtesy Earl (Sohn eines Marquess bzw. Enkel eines Dukes) + Ehefrau | My Lord oder Lord (Ort)Bzw.My Lady oder Lady (Ort) | The Earl of (Ort) / The Countess of (Ort) | My Lord oder Dear Lord (Ort)bzw. Madamoder Dear Lady (Ort) |
Courtesy Viscount (Sohn eines Earls, Enkel eines Marquess oder Urenkel eines Dukes) + Ehefrau | My Lord oder Lord (Ort)Bzw.My Lady oder Lady (Ort) | The Viscount (Name) / The Viscountess (Name) | My Lord oder Dear Lord (Ort)bzw. Madamoder Dear Lady (Ort) |
Courtesy Baron(Enkel eines Earls, Urenkel eines Marquess) + Ehefrau | My Lord oder Lord (Ort)Bzw.My Lady oder Lady (Ort) | The Lord (Ort/Name)The Lady (Ort/Name) | My Lord oder Dear Lord (Ort)bzw. Madamoder Dear Lady (Ort) |
Jüngere Kinder, Enkel und Urenkel sowie die (auch erstgeborenen) Kinder von Viscounts und Barons
Um es noch komplizierter zu machen: Auch die jüngeren Söhne und jüngeren Enkel bzw. Urenkel erhielten einen Titel, aber keinen echten.
Person |
In direkter Konversation |
Adressierung auf dem Briefumschlag |
Anrede im Schriftverkehr |
* Jüngere Söhne eines Dukes bzw. * die jüngeren Söhne eines Courtesy Marquesses (= Enkel eines Dukes) | My Lord oder Lord + Vorname | The Lord + Vorname + Nachname | My Lord oder Dear Lord + Vorname (+ Nachname) |
* Ehefrauen der jüngeren Söhne eines Dukes* Ehefrauen der jüngeren Söhne eines Courtesy Marquesses (=Ehefrauen der Enkel eines Dukes) | My Lady oder Lady + Vorname des Mannes | The Lady + Vorname des Mannes + Nachname | Madam oder Dear Lady + Vorname des Mannes |
Die jüngeren Söhne von Courtesy Earls, Viscounts oder Barons | Sir oder Mr + Nachname | The Honourable + Vorname + Nachname | Sir oder Dear Mr + Nachname |
Die Ehefrauen von jüngeren Söhnen von Courtesy Earls, Viscounts oder Barons | Madam oder Mrs + Nachname | The Honourable Mrs + Vorname des Mannes + Nachname | Madam oder Dear Mrs + Nachname |
Die Töchter
Die Töchter wurden ähnlich behandelt wie die jüngeren Söhne im Peer. Wenn sie einen Mann aus dem peer heiratete, nahm sie den neuen Rang ihres Mannes an. Heiratete sie irgendjemanden anderes, behielt sie den Titel, den sie als Tochter trug und ersetzte nur ihren Mädchennamen durch den ihres Mannes. Auch sie profitierte von den Courtesy-Titeln ihres Vaters, aber bei Töchtern wurde nicht in ältere oder jüngere Töchter unterschieden. Sie wurden gleich behandelt.
Person |
In direkter Konversation |
Adressierung auf dem Briefumschlag |
Anrede im Schriftverkehr |
Tochter eines Dukes bzw. Marquess oder Earls (auch Courtesy)- unverheiratet oder verheiratet mit einem Bürger – | My Lady oder Lady + Vorname | The Lady + Vorname + Nachname des Vaters (wenn unverheiratet) The Lady + Vorname + Nachname ihres bürgerlichen Mannes | Madam oder Dear Lady + Vorname |
UnverheirateteTochter eines Viscounts, Barons (auch Courtesy) | Madam oder Miss | The Honourable + Vorname + Nachname | Madam oder Dear Miss Smith |
Mit einem Bürger verheiratete Tochter eines Viscounts oder Barons | Madam oder Mrs + Nachname des Mannes | The Honourable Mrs. + Nachname des Mannes | Madam oder Dear Mrs + Nachname des Mannes |
Anmerkung: Wichtig zu verstehen ist, dass Nachname und Titel nicht dasselbe sind. Jemand kann Alexander Norwood, Duke of Trenton sein. Dann ist seine Tochter Lady Mary Norwood (und nicht Lady Mary Trenton)
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Weitere Titel und Anreden
Ganz unabhängig davon, gibt es noch weitere Anreden und Titel.
My Lord – zu einem Bürgermeister Londons oder einer anderen großen Stadt sowie zu Richtern
Doctor – zur Zeit Jane Austens wurde dieser Titel fast nur für Theologen verwendet. Wenn er für einen Arzt verwendet wurde, dann aber nicht für Chirurgen. Diese wurden nur Mr genannt. Im Falle eines Arztes war es aber verpflichtend, den Nachnamen nach dem Titel zu verwenden. Ein simples „Ja, Doktor“ galt als grob unhöflich.
Squire – Ein Titel ohne Relevanz und eher ehrenhalber. Squire wurden Landeigentümer genannt, die sich schon vor langer Zeit im Gebiet niedergelassen hatten.
Dowager – Dieses Wort vor dem Titel einer Frau bringt zum Ausdruck, dass der männliche Titel nicht mehr dem Ehemann gehört, weil dieser verstorben ist. Da der Titel Dowager kein Titel mit Rechten ist, wurde später auch einfach gesagt: „Mary, countess of Kent“, um sie von der Frau des derzeitigen Titelträgers (ihrer Schwiegertochter z.b.) zu unterscheiden.
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Nachwort zu den Titeln
Wie man in der Tabelle erkennen kann, waren Anreden wie Lord und Lady XXX nahezu inflationär, je größer die Familie wurde. Aus diesem Grund kam es irgendwann in Mode, den Vornamen davorzusetzen. Ein Beispiel dafür war „Alfred, Lord Tennyson“, um sich von anderen Lord Tennysons zu unterscheiden.
Außerdem war es üblich (im peer und der gentry), dass man sich zwar mit dem vollen Namen und Titel vorgestellt hat. Kannte man sich aber schon näher, wurde nicht selten das „Lord“ einfach weggelassen und die entsprechende Person einfach nur „Derby“ anstatt „Lord Derby“ genannt.
Quelle:
http://en.wikipedia.org/wiki/Royal_and_noble_styles
http://en.wikipedia.org/wiki/Forms_of_Address_in_the_United_Kingdom
What Jane Austen ate and Charles Dickens knew von Daniel Pool ; A Touchstone-Book, 1993, ISBN 978-0-671-88236-5
Georgette Heyer’s Regency World von Jennifer Kloester, Sourcebooks 2008; ISBN-13: 978-0099478720